WELT II
Messungder Pflanzenmassen zeigt, wann die Savanne brennen muss.
SüdafrikasFeuerexperten entwickeln neue Methoden zur Bekämpfung von Buschbränden -Landeigentümer haften, wenn ein Feuer zum Nachbarn überspringt
DIE WELT, 5.August 2002
von Claudia Ehrenstein
Berlin – Eine zerfetzte Überlandleitung genügte, um inder südafrikanischen Provinz KwaZulu/Natal eine Katastrophe auszulösen. Funkenentzündeten das trockene Buschland in
den südlichen Drakensbergen. Starker Wind fachte das Feuer zusätzlich an.Mindestens drei Menschen starben in den Flammen.
Jedes Jahr brennen in Südafrika bis zu 750 000 Hektar Savannen und Grasland,und jedes Jahr fordern die Brände Tote. “Das Feuer gehört zum natürlichenLebenszyklus der südafrikanischen Landschaft”, erklärt Professor JohannGeorg Goldammer. Er ist Mitarbeiter des Mainzer Max-Planck-Instituts für Chemieund leitet die Arbeitsgruppe Feuerökologie, die ihren Sitz in Freiburg hat. Inden trockenen Savannen Südafrikas könne abgestorbenes Pflanzenmaterial kaumverrotten, so Goldammer. Erst regelmäßige Feuer schaffen Raum für neueVegetation, verwandeln Streu und Gestrüpp in nährstoffreiche Asche.
Zum Problem wird das nützliche Feuer dann, wenn es Menschen bedroht undwirtschaftlichen Schaden anrichtet. Nach verheerenden Bränden bei Kapstadthatte die südafrikanische Regierung daher vor zwei Jahren den “Veld andForest Fire Act” verabschiedet. Das Gesetz regelt das Haftungsrecht undschreibt strenge Schutzmaßnahmen vor. Landeigentümer sind verpflichtet, dieGrenzen ihres Besitzes mit Feuerschutzstreifen zu sichern. Sie müssen zahlen,wenn ein Feuer zum Nachbarn überspringt.
Gerät ein Forstwald in Brand, kann es sehr teuer werden. Dabei sind natürlicheWaldbestände selten. Die meisten Aufforstungen sind Kiefer- undEukalyptusplantagen. Unter den klimatischen Bedingungen wachsen die Bäume gutund produzieren viel Unterholz. Das sei “explosives” Material, sagtGoldammer. Je länger es in einem Wald nicht gebrannt hat und je mehr Unterholzsich angesammelt hat, desto heftigere Feuer drohen.
Doch langsam geben jahrelange Feuerexperimente Hinweise darauf, wie verheerendeBrände zu verhüten sind. Im Krüger Nationalpark experimentieren Forstexpertenseit mehr als 20 Jahren mit kontrollierten Bränden, die sie gezielt entzünden.Auf 18 verschiedenen Flächen haben sie in wechselnden Abständen zuunterschiedlichen Jahreszeiten Feuer gelegt, um ein optimales Feuermanagement zuentwickeln. Wie sich gezeigt hat, ist die wirksamste Methode, schwere Brände imWald oder in der Savanne zu verhindern, wiederkehrende kleine Feuer.
Dabei habe sich gezeigt, dass ein Abbrennen in regelmäßigen Abständen nichtdem natürlichen Feuerzyklus entspricht, berichtet Alexander Held von derFreiburger Arbeitsgruppe Feuerökologie. Stattdessen bestimmen jetzt die Rangersim Krüger Nationalpark auf bestimmten Versuchsflächen kontinuierlich dieBiomasse pro Hektar. Wird schließlich das Gewicht von 400 Tonnen überschritten,ist die Savanne wieder “reif für ein Feuer”, wie Held sagt.Stellenweise legen die Ranger dann kontrollierte Brände. Oder sie lassen natürlichentzündete Feuer einfach brennen. Nur bei Gefahr greifen sie ein.
Im Auftrag von Papierindustrie und Fortwirtschaft führt die private”Forest Fire Association” (FFA) inzwischen auch kontrollierte Brändein Waldplantagen durch. Löschtrupps und Flugzeugen stehen für die Bekämpfunggefährlicher Feuer bereit. Er sei beeindruckt gewesen, wie professionell undeffizient die FFA arbeite, berichtet Held. So werden auch Straßen und Dörferdurch kontrollierte Feuer in ihrer Umgebung vor Bränden geschützt. “DieMenschen in Südafrika sind es gewohnt, mit dem Feuer zu leben”, meintHeld. Farmer legen auf ihren Zuckerrohrfeldern Feuer, um die Blätter derPflanzen abzubrennen. Das erleichtert die Ernte und reduziert dasTransportgewicht. Im Winter werden Weiden regelmäßig abgebrannt, weil dann imFrühjahr sehr saftiges Gras für die Rinder sprießt.
Die ökologische Kehrseite der Vegetationsbrände ist ihre starkeRauchentwicklung. Ortsnamen wie Hazyview (Diesige Sicht) zeigten, wie gegenwärtigFeuer und Rauch in Südafrika schon immer gewesen seien, sagt Held. In den USAdagegen würden sich die Menschen über den Rauch beschweren. Klagen vor Gerichthätten oft verhindert, dass die Forstleute gefährliches Unterholz im Waldvernichten konnten. Mit dramatischen Folgen: In den USA brennt jetzt schon mehrals doppelt so viel Wald wie im Vorjahr.