Förster verjüngen Heide mit Feuer

Förster verjüngen Heide mit Feuer

19 February 2008

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Untergrund und Wetter maßgeblich fürkontrolliertes Abbrennen im Zschornoer Wald

Das technische Gerät stammt aus den USA, dieErfahrungen aus sieben Jahren Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Feuerökologiedes Max-Planck-Instituts für Chemie in Freiburg. Und nur wenn das Wettermitspielt, können Forstoberrat Egbert Brunn und seine Kollegen von derBundesanstalt für Immobilienaufgaben, Hauptstelle Lausitz, im Zschornoer Walddie Brennkanne zünden. So wie nach drei Jahren am vergangenen Samstag. Was nuntot aussieht, wird schnell zu neuem Leben erwachen, sagt Egbert Brunn.

 Foto: Frank Muscheid

Schnell gewachsen: Egbert Brunn zeigt die Entwicklung einer Fläche, die im Jahr 2003 behandelt wurde. Insgesamt fünf Flächen von je einem Hektar haben er und seine Mitarbeiter, darunter Alexander Held, freier Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts, abgebrannt (die RUNDSCHAU berichtete). Das dauere pro Fläche rund eine bis eineinhalb Stunden. «Wir arbeiten mit einem Methodenmix» , betont er. Während mindestens alle 15 Jahre die Heide, die rund 30 Zentimeter hoch ist, mit Traktor und Mähmaschine abgemäht werden sollte, sei alle 30 Jahre das Abbrennen von bis zu 70 Zentimeter hohen Pflanzen angebracht. «Nach der Mahd regeneriert sich die Heide vegetativ, also aus den Wurzelstöcken» , erläutert er. Nach dem Feuer pflanze sich die Calluna-Heide dagegen generativ, aus Samen, fort, die auf dem freien Boden keimen.
Wie alt die Zschornoer Heidebestände sind, sei nicht genau zu sagen – bis in das Jahr 1990 war die rund 200 Hektar große Heidefläche im 626 Hektar umfassenden Naturschutzgebiet Zschornoer Wald Erdschießplatz für die Luftwaffe, 4000 Bomben mussten erst einmal entschärft werden, so Brunn. Die Förster gehen nach der Optik: So haben alte Pflanzen einen stark verholzten Stamm und nur noch im oberen Viertel Blüten und Blätter.

Zu uneben zum Mähen
Weitere Bedingung für eine für die Feuerbehandlung geeignete Fläche ist der Untergrund: Die erst am Samstag abgebrannten fünf Hektar sind sehr uneben, haben ein Profil von bis zu 15 Zentimeter Unterschied und wären kaum zu mähen, so der Forstoberrat. Dann komme es auf die Wetterwerte an: «Es muss mindestens zwei Tage ein Hochdruckgebiet herrschen, am besten mit einer östlichen Luftströmung, das sind die stabilsten» , sagt Egbert Brunn. «Die Luftfeuchtigkeit muss 40 Prozent und niedriger sein – um eine Bodenfeuchte von maximal 57 Prozent zu erreichen.» Eine ausgesprochene Geduldssache im vorgeschriebenen Winterhalbjahr von Ende September bis Ende März, wenn Niederschläge, Eis und Schnee hinzukommen. Zuletzt war im Jahr 2005 ein «Brenn-Fenster» , so Brunn.
«Ab April ist Brut- und Setzzeit, dann verbietet sich ein Brennen» , erklärt er. Dass sich die Förster auf Flächen von je einem Hektar beschränken, diene auch dem Naturschutz. Denn Tiere könnten diese schnell wieder besiedeln. So sei schon die Rückkehr der geschützten, für das Gebiet typischen blauflügeligen Ödlandschrecke auf eine Brandfläche im folgenden Sommer fotografisch dokumentiert. «Da liegen noch die Holzkohlestücke herum» , sagt Egbert Brunn, während er auf den Bildschirm des Laptops weist. Auch am Ort des Geschehens ist die Struktur des ehemaligen Bewuchses noch gut zu erkennen, sind die Flammen an der ein oder anderen Calluna-Heide und Moosbüschel vorbeigelaufen.
Jüngere Birken und Kiefern hat das Feuer zwar entfernt, doch einigen, etwa 25 Jahre alten Birken hat es nichts anhaben können – ab rund zehn Zentimeter Dicke und ausreichend starker Borke. «Wir wollen eine gewisse Strukturvielfalt erhalten» , sagt Egbert Brunn. Er sieht in der Methode einen Weg, die Fläche auf lange Sicht unauffällig zu verjüngen – durch den unregelmäßigen Rand der Fläche und einzelne Bäume, die wieder austreiben, sei nach einigen Jahren der Unterschied zur Nachbarfläche kaum noch sichtbar. Um Heideflächen zu erhalten, müsse die Ver buschung verhindert werden – «sonst holt sich der Wald die Fläche schnell zurück» , sagt Brunn und zeigt auf eine etwa 20 Jahre alte Kiefer am Rand der Brandfläche.
Der Baum trägt signalgrüne Farbmarkierungen. «Damit wir bei der Maßnahme nicht die Übersicht verlieren» , erläutert Egbert Brunn. Der Baum steht genau an der Grenze, an der der schwarze Untergrund wie mit der Schere abgeschnitten endet und direkt an unbeschadete Heidepflanzen angrenzt. «Um das zu erreichen, wird ein rund fünf Meter breiter Wasserriegel darum angelegt» , so der Forstexperte. Doch erst zum Schluss ergibt sich ihm zufolge ein geschlossener Ring um den besagten Hektar. «Wir fangen gegen den Wind am äußersten Rand an» , so Brunn. Dann würden, je nachdem, wie berechenbar der Wind sei, gegen die Windrichtung kleinere oder größere Sektoren von außen angebrannt und parallel dazu der Wasserstreifen mit Schläuchen gezogen, damit dieser auch feucht genug sei. «Das Feuer brennt vom Rand in die Mitte und kann so nicht außer Kontrolle geraten» , sagt Brunn. Das Werkzeug der Förster dafür ist eine Brennkanne. «Im Deutschen gibt es dafür noch keine offizielle Bezeichnung» , erklärt er. Im Englischen heiße der Behälter, aus dem eine brennbare Flüssigkeit über eine Fackel tropft, entzündet wird und zu Boden fällt, «drip torch» – tropfende Fackel. Das Gerät stamme aus Amerika, werde von den «Firefighters» – den Feuerbekämpfern – genutzt, um Feuerschneisen zu legen und damit Waldbrände aufzuhalten.

Jahrtausendealte Tradition
Doch auch in Europa habe die Pflege von Heide mit Flammen eine lange Tradition, sagt Brunn – so werde an der Küste von Norwegen seit rund 5000 Jahren auf diese Weise die Heidelandschaft erhalten, weil sie Weidefläche sei. Eine andere, aber weitaus aufwendigere und teurere Technik werde stellenweise noch in der Lüneburger Heide angewandt: das Plaggen. «Dabei wird die oberste Erdschicht abgezogen und die Fläche zeitweise landwirtschaftlich genutzt» , sagt der Förster.
Bei ihrer weitaus zügigeren Arbeit vor Ort liefern die Mitarbeiter des Bundesforstes zudem wichtige lokale Erkenntnisse für das Max-Planck-Institut und an ein ganzes Netzwerk europäischer Länder, die sich mit der Thematik befassen, so Brunn. Denn jeder Standort habe seine Besonderheiten – die Zschornoer Heide kontinentales Klima. Erst Ende Januar hat er daher die Ergebnisse von den Lausitzer Bundesförstern während eines Symposiums in Freiburg einem europäischen Publikum vorgestellt.
Auch die Brandenburgische Technische Universität Cottbus und das Staatliche Naturkundemuseum in Görlitz waren ihm zufolge schon Feuer und Flamme für das Projekt: Sie haben daran die Auswirkung und Wiederbesiedelung durch Insekten erforscht. Ohne die Pflege – von der das Feuer ein Mittel von vielen sei – fühlten sich Heidelerche, Brachpieper, Glattnatter und Waldeidechse inmitten des Zschornoer Waldes längst nicht mehr so wohl, ist sich Forstoberrat Egbert Brunn sicher.

Von Frank Muscheid


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Foto: Frank Muscheid  

 


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