Die hohe Kunst, Feuer mit Feuer zu bekämpfen

Die hohe Kunst, Feuer mit Feuer zu bekämpfen

30 August 2007

published by www.welt.de


In Griechenland frisst sich das Feuer durch die Baumbestände. So verheerende Waldbrände hat es noch nicht gegeben. Feuerökologen am Max-Planck-Institut in Freiburg erforschen die Folgen für Landschaft und Menschen und suchen nach präventiven Maßnahmen.

So verheerende Waldbrände wie derzeit in Griechenland gab es seit Beginn der Aufzeichnungen in Südeuropa noch nie. Warum die Feuer so viel Schaden anrichten, wie die Folgen für Landschaft und Menschen aussehen und wie in Zukunft besser vorgebeugt werden kann – das erforschen Feuerökologen am Max-Planck-Institut (MPI) für Chemie in Freiburg.

Kaum zu glauben: Einem solchen Flammeninferno wie hier auf dem Peleponnes in Griechenland soll unter anderem mit Feuer entgegengewirkt werden. Das gezielte Abbrennen von Waldstücken soll, Katastrophen wie diese verhindern.

Europaweit kooperieren die deutschen Forscher dafür mit Wissenschaftlern, Praktikern und staatlichen Stellen. Am Ende der Forschungsprojekte sollen nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse stehen, sondern auch praktisches Trainingsmaterial für Feuerwehrleute, die, gewöhnt an brennende Gebäude, bisher häufig überfordert vor den brennenden Wäldern stehen. Die Ausbildung von Waldbrandexperten soll damit europaweit auf eine einheitliche Basis gestellt werden.

Vegetationsbrände erfordern andere Löschtechniken
„Vegetationsbrände sind anders als Hausbrände, sie bewegen sich“, sagt Daniel Kraus vom MPI in Freiburg. Daher seien völlig andere Löschtechniken notwendig. Die aber könne nur einsetzen, wer umfassend dafür ausgebildet sei. „Wann und wie zum Beispiel ein Gegenfeuer gelegt werden soll, kann nur jemand entscheiden, der weiß, wie ein Waldbrand funktioniert“, sagt der Forstwissenschaftler Kraus.

Bisher gibt es für Europa weder ausreichend ausgebildete Fachleute noch die entsprechende Literatur. „Es gibt Handbücher zum Beispiel aus den USA, aber unsere Wälder brennen ganz anders als die amerikanischen, weil sie ökologisch anders aufgebaut sind“, sagt Daniel Kraus. Im EU-finanzierten Projekt „Eurofire“ soll deshalb bis Herbst 2008 eine interaktive Internet-Plattform entwickelt werden, auf die alle, die in der EU zukünftig Fachleute ausbilden, zugreifen können sollen. „Unsere Arbeit wird hier viel bewegen“, glaubt Kraus.

Verbuschendes Land ist schuld an den Bränden
Dass die Brände in Griechenland überhaupt so heftig werden konnten, hat verschiedene Gründe. Die Forscher aus Freiburg sehen allerdings die Landflucht, die in Griechenland seit Jahrzehnten andauert, als Hauptursache. „Das Land, das früher bewirtschaftet wurde, liegt brach und wächst zu – es verbuscht“, sagt der Feuerökologe Johann Goldammer. Auf verbuschten Flächen und in ungenutzten Wäldern aber sammelt sich über die Jahre brennbares Material an. Dadurch brechen Brände viel leichter aus, die Feuer werden zudem heißer.

Um solche Brände besser bekämpfen zu können, kooperiert die Freiburger Forschergruppe mit 30 Partnern aus Europa auch beim Projekt „Fire Paradox“. Unter anderem wolle man das kontrollierte Abbrennen von Feldern und Wiesen einsetzen, „um die Landschaften, die früher intensiv genutzt wurden, offen zu halten“, erläutert Daniel Kraus. Derart gepflegte Flächen würden großen Bränden wie derzeit in Griechenland keine oder nur noch wenig Nahrung bieten.

Die Brände haben weitreichende Folgen für die Böden
Die Folgen der aktuellen Brände werden in Griechenland noch lange spürbar sein. Denn verbrennen die Wälder, verliert der Boden seinen natürlichen Schutz gegen Erosion. „Humus und feine Bodenpartikel, die für die Bodenfruchtbarkeit besonders wichtig sind, werden abgetragen“, erklärt Kraus. Im schlimmsten Fall verlieren die Böden ihre Fruchtbarkeit dauerhaft. 

Zudem fungieren Wälder für den Wasserhaushalt einer intakten Landschaft wie ein Schwamm. Fehlen die Wälder, kann das gravierende Auswirkungen auf Menge und Qualität des Grundwassers, aber auch auf das Wasser von Flüssen und Seen haben – und damit letztlich auch auf die Trinkwasserversorgung. Schließlich wirken sich die Feuer in Südeuropa indirekt auch auf das gesamte Klima aus: Weniger Wälder binden auch weniger Kohlendioxid. „Wenn wir diese Wälder verlieren, ist das ein Nettobeitrag zum Treibhauseffekt“, sagt der Feuerökologe Johann Goldammer.


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