In Zukunft mehr Feuer in Deutschland
In Zukunft mehrFeuer in Deutschland
12 August 2006
published by www.welt.de
Noch ist Deutschland von großen Waldbränden weitgehend verschont geblieben.Professor Johann Georg Goldammer, Leiter des Zentrums für Globale Feuerüberwachung(Global Fire Monitoring Center) an der Universität Freiburg, erwartet aber,dass sich das ändern wird. Die Fragen stellte Holger Kroker.
Die Welt: Werden Waldbrände inDeutschland auch weiterhin so glimpflich ablaufen?
Johann Georg Goldammer: Es zeigen sich Problemeam Horizont, wie sie in Südeuropa schon längst Realität sind. DieKulturlandschaft in Deutschland ist geprägt durch das Nebeneinander vonlandwirtschaftlichen Flächen und Waldgebieten. Für kleinere Waldareale, dievon landwirtschaftlichen Flächen umgeben sind, ist das Gefährdungspotenzial fürGroßwaldbrände nicht so hoch wie im Süden. Man muss auf der anderen Seitesehen, dass sich die Landwirtschaft auch bei uns zurückzieht, aus Kostengründenund auch aufgrund Veränderungen der Bevölkerungsstruktur. Wir haben in Südeuropaeine besonders starke Landflucht, aber in Deutschland haben wir auch das Höfesterben.
Welt: Welche Folgen hat das für dieWaldbrandgefahr?
Goldammer: Die Vegetation wird wesentlichweniger intensiv bewirtschaftet, als das noch vor 20, 30 Jahren der Fall war. Woauf ehemaligen landwirtschaftlichen Flächen die Vegetation verwildert, könnensich “Feuerbrücken” zwischen den Waldgebieten bilden. Diese Situationist schon jetzt in den südeuropäischen Ländern besonders ausgeprägt undeiner der Gründe dafür, dass es dort zunehmend intensiv und unkontrollierbarbrennt. Das Brennmaterial, das früher durch Forst-, Land- und Weidewirtschaft,aber auch als Energieträger genutzt wurde, steht jetzt dem unkontrolliertenWaldbrand zur Verfügung. Wenn wir uns in Deutschland die zukünftigeEntwicklung anschauen, dann stehen wir vor dem Problem, dass Offenland, wie etwadie Heideflächen in Brandenburg oder auch die Weideflächen im Mittelgebirge,aufgegeben werden und sich dort eine ähnliche Entwicklung abzeichnet.
Welt: Also muss man in den Gegenden, indenen sich die Landwirtschaft zurückzieht, besser aufpassen?
Goldammer: Auch da zeichnet sich ein Problem amHorizont ab, ist teilweise schon Realität. Das Rückgrat der Brandbekämpfungim ländlichen Raum sind ja immer noch die freiwilligen Feuerwehren. Viele habenNachwuchsprobleme, es melden sich immer weniger Freiwillige. Zudem erzwingt derKostendruck in vielen Regionen, dass kleinere Feuerwehren geschlossen werden.Das kann unter dem Strich dazu führen, dass die Feuerwehren in Zukunftvielleicht nicht mehr so schnell vor Ort sein können. Auch deshalb kann dieLage kritischer werden.
Welt: Welche Rolle spielt derKlimawandel?
Goldammer: Die Szenarien der Klimaveränderungbringen ja dreierlei mit sich: zahlreichere Trockenzeiten, häufigere Starkregenund stärkere Winde. Damit werden auch Änderungen der Waldvegetation verbundensein. Baumarten, die das nicht vertragen, werden sich verabschieden. Wir sehenjetzt schon, dass die Fichte durch die Trockenheit und anschließend auch durchden Angriff der Borkenkäfer ausgefallen ist. Das geschah in Lagen, wo diese Bäumeeigentlich nicht heimisch sind, wo sie aber aufgeforstet wurden und sichaufgrund eines insgesamt günstigen Klimas bisher auch halten konnten. DieFolgen der Trockenheit im Jahr 2003 und auch schon in diesem Jahr zeigen, dasssich neben der Fichte auch andere Baumarten verabschieden, die bislang als”ökologisch korrekte” Kandidaten einer naturgemäßen Waldwirtschaftangesehen wurden – wie etwa die Buche.