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Darumbrennen die Wälder

Kalifornien: Holzbautenund mangelnde Waldpflege führen zu schweren Schäden.


Darumbrennen die Wälder
Kalifornien: Holzbauten undmangelnde Waldpflege führen zu schweren Schäden.

Von Angelika Hillmer

Los Angeles – Fast 14 000Feuerwehrleute kämpfen weiterhin gegen sieben Brände in Kalifornien. Zwarverschafften Regen und Nebel ihnen eine kleine Atempause, aber es drohen Windböen,die das Feuer weiter anfachen können. Die Zahl der Toten erhöhte sich auf 22.

Schwarze Rauchwolken stehen über Kalifornien. Mittlerweile bedrohen zehn Großbrände Städte und Wälder.

Schwarze Rauchwolken stehen über Kalifornien. Mittlerweile bedrohen zehn Großbrände Städte und Wälder.
Foto: afp 

Vor allem die leicht brennbaren Holzhäuser verwandeln dieRegion in eine “hochentzündliche Umwelt”, sagt Johann Goldammer,Leiter der Arbeitsgruppe Feuerökologie am Max Planck Institut für Chemie inFreiburg. Dies mache die Brände zur Tragödie. So mussten 100 000 Menschen vorden Flammen fliehen, rund 2600 Privathäuser wurden zerstört. “Wären siewie in Deutschland aus Stein gebaut und die Dächer mit schweren Ziegeln belegt,könnten nicht 250 Häuser in wenigen Minuten ein Raub der Flammen werden, wieMittwoch geschehen”, so Goldammer. “Doch in den USA wird nicht fürmehrere Generationen gebaut. Die Gebäude müssen nur ein paar Jahrzehntehalten.”

Ein weiteres Problem sei die “Altlast derFeuerkontroll-Politik”: Bis Ende der 70er-Jahre wurde jedes Feuer sofortbekämpft. Während von Natur aus alle paar Jahrzehnte ein Feuer Zweige,abgestorbene, aber auch junge Bäumen vernichten und nur große, ausgewachseneExemplare übrig lassen würde, sammelte sich in den Wirtschaftswäldern der USAüber Jahrzehnte viel brennbares Material an. Wenn im Herbst die”Santa-Ana-Winde” heiße Wüstenluft aus Nevada in die kalifornischenWälder hineinwehen, seien Großbrände programmiert, erklärt Goldammer. Danngenüge schon ein Streichholz. Ohnehin werden die meisten Brände gelegt.

Das Team um Johann Goldammer betreibt das “Global FireMonitoring Center”, das weltweite Feuer-Überwachungszentrum der VereintenNationen. In vielen Teilen der Welt treffen die Feuerökologen auf dieselbenFehler: Natürliche Wälder, die über Jahrtausende “gelernt” haben,mit dem Feuer zu leben, wurden kahl geschlagen und anschließend wiederaufgeforstet. Goldammer: “Solche künstlichen Wälder aus gleichaltrigenJungbäumen sind extrem feuergefährdet. Sie brennen restlos nieder. In Naturwäldernüberleben immer einige Altbäume, die durch ihre dicken Rinden geschützt sind.In Kalifornien zum Beispiel Mammutbäume oder Ponderosa-Kiefern.” Sieliefern das Saatgut für einen neuen Wald.

US-Experten haben den Begriff der “Feuerversicherungsbäume”geprägt, die nicht geschlagen werden, sondern als potenzielle Keimzellen fürdie natürliche Aufforstung nach einem Waldbrand stehen gelassen werden. Auchdas heute praktizierte Feuermanagement, bei dem Forstleute bei bestimmtenWetterlagen gezielt Feuer legen, um “Brennstoffe” in den Wäldernabzubauen, stammt aus den USA. “Doch haben diese Praktiken angesichts derriesigen Waldflächen noch keine Kehrtwende bringen können”, so Goldammer.

Erschienen am 1. Nov 2003 in Aus aller Welt: http://www.abendblatt.de/daten/2003/11/01/225257.html


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