SZ1

 

Feuerforscherund Waldbrand-Diplomat

 


 

 

Johann Georg Goldammer leitet in Freiburg das Global Fire Monitoring Center (GMFC), das zum UN-Programm für Katastrophenvorsorge gehört, sammelt weltweit Informationen über Waldbrände und gibt Ratschläge zur Bekämpfung.

  Von Jonas Viering

(SZ vom 06.08.2003) Waldbrände sind für den Mann etwas ganz Normales. Nicht nur, weil er selber schon welche gelegt hat – im Dienste der Wissenschaft. Sondern, weil Brände eine natürliche, regelmäßig wiederkehrende Erscheinung sind, und Feuer auch ein Instrument der Landwirtschaft ist.

Johann Georg Goldammer leitet in Freiburg das Global Fire Monitoring Center (GMFC), das zum UN-Programm für Katastrophenvorsorge gehört, weltweit Informationen über Waldbrände sammelt und weiterreicht sowie Ratschläge zur Bekämpfung gibt. Zugleich ist er Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für Chemie und, an der Freiburger Uni, Europas wohl einziger Professor für Feuerökologie.

Goldammer arbeitet derzeit „am Rande der Erschöpfung“: Immer neue Satellitenbilder aus Portugal, wo das Feuer wütet, werden von seinen Mitarbeitern ausgewertet und ins Internet gestellt, er selber telefoniert mit der portugiesischen Regierung. Portugal wolle Hilfe, aber nicht dafür bezahlen, erzählt Goldammer: Sein Institut gibt Tipps, ob internationale Mittel eingesetzt werden könnten. Die Lage in Portugal sei ernst – die öffentliche Wahrnehmung der Feuer in Deutschland aber geradezu hysterisch. Der 53-jährige Goldammer zeigt sich genervt. „Das hat doch auch was mit dem Sommerloch zu tun“, raunzt er.


 

Den Anstoß zur Gründung des GMFC hat Goldammer gegeben, nachdem es 1997 in Indonesien zu großen Bränden gekommen war und sogar die USA Feuerlöschflugzeuge schickten: „Das war nämlich großer Quatsch“. Die Feuer damals seien nicht unkontrolliert gewesen, sondern von Bauern gelegt worden. Aber sowohl im Land selbst als auch auf internationaler Ebene fehlte das Wissen, wie damit umzugehen gewesen wäre. Nicht Forschung sieht Goldammer als seine Aufgabe, „wir wissen genug“.

Er selber befasst sich seit seinem Studium der Forstwirtschaft mit Waldbränden. Woran es mangele, sei der Transfer in die Praxis. Dazu gehört auch, so paradox das angesichts der Not in den Waldbrandgebieten wirkt, das gezielte Legen von Feuern – gerade um Katastrophen vorzubeugen. Über solche Maßnahmen spricht Goldammer lieber als über die aktuellen Brände, bei denen es wieder einmal zu spät ist.

In diesen Tagen ist das GMFC nicht nur die international zentrale Informationsstelle, sondern auch „der graue Vorhof der Diplomatie“, wie Goldammer sagt. An ihn wenden sich auch Staaten, die nicht offiziell bei den großen UN-Hilfsorganisationen vorstellig werden wollen. Das hat etwas mit der Sorge um nationales Prestige zu tun, und wohl auch mit der effizienten Beratung durch das GMFC. Goldammer organisiert keine Hubschrauber – aber er weiß, wer das kann. Er kennt sich im Brandschutz aus – und im Gewirr der internationalen Einrichtungen. „Das ist Politik“, sagt er sehr selbstbewusst.

Doch manchmal hat Goldammer das Gefühl, gegen Wände zu reden. Die aktuellen Waldbrände seien durchaus keine Überraschung. Immerhin: Die portugiesische Regierung hat sich gerade für sein Datenmaterial ausdrücklich bedankt. Da freut sich Goldammer – und schickt gleich neues.


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