BIRD Welt


Deutscher Satellit ortet weltweit unterirdische Kohlenbrände 
    
High Tech ist vor allem bei der Ortung derunterirdischen Feuer gefragt

     von Felix Straumann


     Ningxia –  Im Norden Chinas brennen in Kohlelagerstätten riesige unterirdische Feuer. Dem weltweit größten Kohlenproduzenten werden dadurch jährlich 200 Millionen Tonnen Kohle vernichtet, rund ein Fünftel seiner Jahresproduktion. Schätzungen gehen davon aus, dass zwei bis drei Prozent des weltweit produzierten Treibhausgases Kohlendioxid durch die Brände in China entstehen. Doch auch lokal sind die Folgen verheerend. Giftige Gase, Ruß und Schwermetalle belasten Luft und Boden mit Schadstoffen.

     Unterirdische Kohlenfeuer gibt es überall auf der Welt. Neben China sind vor allem Indien, Indonesien und die USA betroffen. Der Einfluss des Menschen begünstigt zwar die Ausbreitung der Brände, doch handelt es sich eigentlich um ein natürliches Phänomen. Grund ist die leichte Entzündbarkeit der Kohle. Beim Kontakt mit Luftsauerstoff wird durch Oxidationsvorgänge Hitze produziert, und es kommt zu spontanen Selbstentzündungen.

     Wenn genügend Sauerstoff vorhanden ist und die sich entwickelnde Hitze nicht abgeführt wird, breiten sich die Selbstentzündungen aus und werden zu Bränden. Zusätzliche Faktoren, wie beispielsweise in Nordchina die trockenen klimatischen Verhältnisse, begünstigen diesen Prozess. Auch Eigenschaften der Kohle, wie hoher Schwefelgehalt und Struktur erhöhen die Brandgefahr. Bergwerke können dies unterstützen, indem sie zusätzlichen Kontakt mit Luftsauerstoff ermöglichen.

     Johann Goldammer von der Universität Freiburg konnte Mitte der achtziger Jahre zeigen, dass es auf Indonesien mindestens seit der letzten Eiszeit vor über 15 000 Jahren natürliche Brände gibt. Die Kohle ist dort so nahe der Oberfläche, dass im Laufe der Zeit aus Kohlenbränden immer wieder Waldbrände entstanden sind. Doch der umgekehrte Weg kommt vor: Bei den großen Waldbränden vor fünf Jahren wurden über 250 Kohlenfeuer neu entfacht. Bis jetzt konnte davon erst etwas mehr als die Hälfte gelöscht werden.

     In China hat man während der vergangenen 40 Jahre rund ein Drittel der Kohlenbrände löschen können. Seit Anfang 2000 wird mit deutscher Hilfe versucht, die Löschaktion zu beschleunigen und sie bis ins Jahr 2020 abzuschließen. Unter der Leitung der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) stellen Experten aus Wissenschaft und Industrie Know-how und technische Hilfsmittel vor Ort zur Verfügung.

     High Tech ist vor allem bei der Ortung der unterirdischen Feuer gefragt, denn häufig ist deren genaue Lage und Größe unbekannt. Neben Messgeräten am Boden wird dabei der deutsche Forschungssatellit Bird eingesetzt, der mit Infrarotsensoren die Wärmestrahlung misst, die von den Kohlenbränden ausgeht.

     Gelöscht wird nach einer altbewährten Methode. Zuerst werden Löcher zu den in 30 bis 60 Metern Tiefe gelegenen Kohlefeuern gebohrt. Anschließend wird Wasser eingefüllt, um so durch Senkung der Temperatur den Brand zu löschen. Durch luftdichtes Abdecken der Erde über dem Kohleflöz soll schließlich ein erneutes Aufflackern wird verhindert.

     “Wir verwenden das gleiche Verfahren, wie wir es aus Deutschland kennen”, erläutert Bodo Goerlich von der Deutschen Montan Technologie GmbH (DMT). Zwar existieren inzwischen neue, effiziente Löschflüssigkeiten, Goerlich gibt jedoch zu bedenken, dass die Verwendung von Wasser im abgelegenen Nordchina zweckmäßiger sei, weil es preisgünstig ist.

     “Niemand ist daran interessiert, dass diese Feuer brennen. Sie vergeuden Kohlenressourcen, verstärken den Treibhauseffekt, sind ein Sicherheits- und Gesundheitsproblem für die Bevölkerung und sind  Zündquelle für neue Waldbrände”, betont Alfred Whitehouse vom  US-Energieministerium, wo man ebenfalls intensiv mit der Auslöschung  der Kohlenbrände beschäftigt ist. Der gleichen Meinung ist auch      Goldammer: “Durch das Löschen der Kohlenbrände wird etwas gegen den Treibhauseffekt getan, ohne dass jemand auf etwas verzichten muss.”

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