Feuer als Jungbrunnen

Feuer als Jungbrunnen

21. August 2009

veröffentlicht vonwww.ksta.de


So verheerend Waldbrände auch sein können, manche Baumarten brauchen sie, um nicht auszusterben. Schnelles Löschen kann für die Zukunft des Waldes schlimme Folgen haben. Alte Bäume überstehen das Flammenmeer meist recht gut.

Knisternd springen die Flammen im ausgetrockneten Wald weiter, finden in einem abgebrochenen Ast oder einem dürren Zweig rasch neue Nahrung. Hat es lange nicht geregnet, genügt oft ein Blitz aus einem kurzen Sommergewitter, ein glimmender Zigarettenstummel, der heiße Katalysator eines Autos oder die Reste einer Grillparty in der freien Natur, um den Wald zu Asche zu machen. Bilder gehen um die Welt, auf denen Feuerwehrleute einen aussichtslos scheinenden Kampf gegen die lodernden Flammenwände aufnehmen, Löschflugzeuge Wasser auf die Brände schleudern, Häuser vom Feuer eingeschlossen werden. Wer die Ursachen für solche verheerenden Brände verstehen und so lernen will, wie man sie verhindert, sollte mit Johann Georg Goldammer, dem Leiter des Global Fire Monitoring Center (GFMC) im badischen Freiburg, erst einmal einen Blick in Länder werfen, in denen Wälder von Bränden profitieren oder sogar ohne Feuer gar nicht überleben können.

„In Nordamerika oder in Sibirien wachsen solche Kiefern- und Lärchenwälder“, erklärt Johann Goldammer, der weltweit als Feuerökologe von Wissenschaftlern, Behördenvertretern und Feuerwehren um Rat gefragt wird. Die Samen vieler Bäume haben auf der dicken Schicht aus abgestorbenen, aber noch nicht verrotteten Nadeln in solchen Wäldern kaum eine Chance. Die gekeimten Pflanzen wurzeln dort normalerweise nur in dieser Streuschicht und schaffen es nicht bis in den tiefer liegenden Mineralboden. Regnet es einige Zeit nicht, trocknet die Streu rasch aus und der Keimling verdurstet. Ein Waldbrand dagegen verwandelt diese Schicht in eine dünne Lage aus Asche. Die alten Bäume überstehen solche Brände meist recht gut, weil ihre dicke Borke das empfindliche Innere des Stamms vor der gefährlichen Hitze schützt. Kräuter und andere Stauden brennen zwar oft bis zum Boden ab, treiben aber nach dem Feuer aus ihren unterirdischen Teilen wieder nach, denen ein kleineres Buschfeuer wenig anhaben kann.

Die Samen der überlebenden Bäume aber fallen nach dem Brand auf die abgekühlte Asche, deren Mineralien den Samen zum Keimen stimulieren. Mühelos wachsen die Wurzeln durch die dünne Ascheschicht in den Waldboden, der auch bei längerer Dürre noch genug Wasser speichert. In solchen Wäldern wirkt ein Feuer also beinahe wie ein Jungbrunnen. Manche Baumarten wie verschiedene Eukalyptus-Arten in Australien oder Kiefern in Nordamerika kapseln ihre Samen sogar so gut ein, dass die Zapfen nur in der Hitze des Feuers aufspringen. Später genügt dann ein kräftiger Windstoß, um die Samen auf die Ascheschicht fallen zu lassen. Ohne regelmäßige Feuer würden solche Arten also aussterben.

In der Natur entzündet in den großen Waldlandschaften Sibiriens, Nordamerikas und Australiens ein Blitz alle zehn oder zwanzig Jahre den Waldboden. Dann brennen tote Äste und Zweige aus den letzten Jahren und vertrocknete Kräuter einfach ab, später löscht der nächste Regenschauer die Flammen wieder. Fehlen diese regelmäßigen Feuer, weil zum Beispiel Feuerwehren Brände rasch bekämpfen, sammelt sich am Waldboden immer mehr brennbares Material. Kommt es dann nach achtzig oder hundert Jahren doch zu einem Feuer, findet der Waldbrand viel mehr Nahrung und wandelt sich rasch zum lodernden Inferno, dem auch die alten Baumriesen nicht trotzen und gegen das auch die Feuerwehr nicht mehr viel ausrichten kann.

Aber nicht nur die Buschfeuer treten inzwischen häufiger auf, auch die bedrohten Werte wachsen Jahr für Jahr. Wer Geld hat, kauft sich im Sonnenstaat Kalifornien eine Ranch auf dem Land und baut sie teuer aus. Neue Unternehmen schießen im Hinterland aus dem Boden. „Feuer werden immer gefährlicher, die Gesellschaft wird zunehmend anfälliger für die Flammen”, fasst Johann Goldammer die Situation zusammen. Länder wie Kalifornien oder Griechenland können sich darauf noch vorbereiten. In anderen Weltregionen wie zum Beispiel in Afrika aber fehlen oft die Erfahrung beim Bekämpfen von Buschbränden und das Geld, um sich auf diese Gefahr vorzubereiten. Genau deshalb koordinieren Johann Goldammer und das von ihm 1998 gegründete GFMC im Rahmen der Vereinten Nationen einen „Wildland Fire Advisory Group“ genannten Zusammenschluss verschiedener Buschfeuer-Experten. Sie beraten, wie verschiedene Länder sich auf Waldbrände vorbereiten sollten – und welche Hilfe die wohlhabenden Regionen den ärmeren Weltgegenden dabei geben sollten.


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