B-Post

Brandauslöserist der Mensch

Interview mit demFeuerexperten Professor Goldammer zu den Waldbränden

Berliner Morgenpost, 8. August 2003


Freiburg– Die Waldbrände im Mittelmeerraum beherrschen derzeit die Schlagzeilen, undauch in Deutschland steigt die Feuergefahr mit jedem Hochsommertag. ProfessorJohann Georg Goldammer von der Arbeitsgruppe Feuerökologie desMax-Planck-Instituts für Chemie in Freiburg ist als Waldbrandexperte weltweitanerkannt und betreibt an seiner Forschungsstelle das globale FeuerüberwachungszentrumGFMC.

JohannGoldammer leitet die Arbeitsgruppe Feuerökologie des Max-Planck-Instituts inFreiburg. Foto: dpa.

 

BerlinerMorgenpost: ProfessorGoldammer, herrscht derzeit in Europa eine außergewöhnliche Situation?

 

JohannGeorg Goldammer: Dakommen drei Faktoren zusammen: Durch den sozialen Wandel auf dem Land, StichwortLandflucht, haben wir im Mittelmeerraum einfach mehr brennbares Material. Dasist seit 20 oder 30 Jahren so und uns bekannt. Die Brandauslöser kennen wirauch seit Jahren – hauptsächlich ist es der Mensch. Beim dritten Faktor, demWetter, haben wir allerdings etwas Besonderes. Die extreme Hitze begünstigt dieBrände natürlich. Hinzu kommen die sehr anfälligen Forstplantagen ausEukalyptus oder anderen gefährdeten Bäumen.

 

Warumgilt das für diese Plantagen besonders?

Goldammer:Hier gibt es solcheMengen von Brennmaterial – Blätter und Äste oder Nadeln, die auch voll ätherischerÖle sind. Das ist alles sehr leicht entzündlich und gut brennbar. DiesePlantagen warten nur darauf, dass sie durch ein Feuer in die Luft gehen.

 

Kannman die Pflanzungen schützen?

 

Goldammer:Da gibt es nureins, sie müssen die einzelnen Waldabteilungen durch unbebaute Schneisenvoneinander trennen: 200, 300 Meter breite Pufferzonen, in denen keine oder nurwenige Bäume stehen und wo auch Gebüsch und Wiesen so kurz wie möglichgehalten werden. Ein katastrophenartiger Waldbrand würde sich auf einer solchenSchneise tot laufen.

 

Wieentdeckt man heutzutage Waldbrände?

Goldammer:Wir haben inextremen Trockenzeiten den Feuerwehrflugdienst, und wir habenWaldbrandbeobachtungsstürme, die teilweise schon automatisch Rauch melden.Satellitengestützte Beobachtung spielt für uns hier keine Rolle. Das ist eheretwas für große Räume wie die Tropen oder Sibirien.

 

Gerätewie der Feuerbeobachtungssatellit BIRD machen also keinen Sinn?

Goldammer:Brasilien,Indonesien oder Russland bräuchten dringend ein solches System. Die Forderungdanach ist international ungeheuer stark, aber es findet sich im Moment keinGeldgeber, denn wir bräuchten eine ganze Flotte davon. Um Sinn zu machen, müssteein Satellit mindestens alle halbe Stunde, wenn nicht jede Viertelstunde, einGebiet überfliegen.

 

Werwürde denn diese Satellitendaten sammeln?

 

Goldammer:1998 wurde anmeiner Arbeitsgruppe das Globale Feuerüberwachungszentrum GFMC gegründet. Wirnehmen diese Aufgabe bereits wahr. Als damals die großen Feuer in Südostasienwüteten, sind wir als Schnittstelle zwischen Wissenschaft,Technologieentwicklung und dem Katastrophenschutz gegründet worden. Bei unslaufen Satellitendaten ein, Messwerte, Berichte von Kontaktleuten vor Ort. Alldas stellen wir ins Internet und die betroffenen Einsatzkräfte können daraufzurückgreifen. Das ist das Ergebnis von jahrelangen vertrauensbildenden Maßnahmen,das uns diese Informationen direkt zur Verfügung gestellt werden.

 

Wiesieht die Zukunft des GMFC aus?

Goldammer:Wir sind leider in der Situation, dass wir tagtäglich betteln gehen müssen.Das Auswärtige Amt hat die Anschubfinanzierung geleistet. Wir bekommen jetztauch noch eine Teilfinanzierung, aber ich muss immer Geld suchen, um Gehälterzu bezahlen. Daher mein Appell an die Bundesregierung, dieses Zentrum, daserhebliche Impulse und Hilfeleistungen für Deutschland und die Welt geben kann,vernünftig auszustatten. Das kostet marginale Beträge.

Quelle: http://morgenpost.berlin1.de/archiv2003/030808/aus_aller_welt/story621488.html


Back

Print Friendly, PDF & Email
WP-Backgrounds Lite by InoPlugs Web Design and Juwelier Schönmann 1010 Wien